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Der Bevölkerungsschutz ist auf Ebene der Kommunen, der Länder und des Bundes in einem tiefgreifenden Strukturwandel, der als solcher weder öffentlich bekannt noch wissenschaftlich untersucht wird. Neben dem Anstieg des Lebensdurchschnittsalters und dem Geburtenrückgang ist unter gesellschaftlichem Wandel auch eine steigende Heterogenität der Gesellschaft durch Migration zu verstehen. Die veränderte Gesellschaftsstruktur stellt die operative Gefahrenabwehr vor neue Aufgaben, da der heutige Bevölkerungsschutz in großen Teilen durch ehrenamtliche Kräfte der Hilfsorganisationen, wie etwa freiwillige Feuerwehren und THW, gewährleistet wird. Dieses Engagement unterliegt jedoch durch den strukturellen, gesellschaftlichen Wandel einer abnehmenden Tendenz und lässt die Notwendigkeit konzeptioneller und technologischer Lösungen steigen. Innovative IT-Systeme, wie etwa ein vernetztes Alarmierungssystem, können dazu beitragen die Kommunikation und Bündelung von Einsatzkräften im Großschadensfall zu sichern. Um dem Mitgliederschwund in den Organisationen entgegenzuwirken ist die Gewinnung und Ausbildung von Nachwuchskräften eine wichtige Aufgabe. Hier soll das Potential der heterogenen Gesellschaft genutzt werden, indem sprachliche und (inter)kulturelle Integration und Inklusion gefördert wird.
Durch das Zusammenwirken der vier Disziplinen Angewandte Sozialwissenschaften, Rettungsingenieurwesen, Kommunikationswissenschaften und Informatik/Kommunikationstechnik wird es möglich, den Zusammenhang von gesellschaftlichem Wandel und Bevölkerungsschutz in seiner Komplexität differenziert zu erfassen. Durch den interdisziplinären Forschungsansatz wird ein innovativer Perspektivenwechsel ermöglicht, der von drei erweiterten Herangehensweisen geprägt ist:

  • Der Blickwinkel wird nicht auf die beruflichen Einsatzkräfte im Bevölkerungsschutz beschränkt, sondern wird systemisch auf die Akteursfelder der verschiedenen Altersgruppen der Bevölkerung, auf die lokalen Stakeholder (z.B. Stadtverwaltungen, Wirtschaft) und die Freiwilligendienste ausgeweitet.
  • Der Handlungskontext wird nicht auf die Intervention im akuten Schutzfall  beschränkt, sondern es wird eine umfassende (integrative) Prozessperspektive eingenommen, die sich auf das Kontinuum von Prävention und Intervention bezieht.
  • Es wird ein räumlich differenzierender Blickwinkel eingenommen, um relevante Differenzen zwischen ländlichen, peripheren Regionen und Stadtregionen als Kontextmerkmale angemessen berücksichtigen zu können.

Hierzu entwickelt der Forschungsschwerpunkt „Bevölkerungsschutz im gesellschaftlichen Wandel“ Produkte in den Handlungsfeldern „Gesellschaftsstruktur und Governance“, „Einsatzkräfte und Schutzziele im Bevölkerungsschutz“ und „Innovative IT-Entwicklungen“.